Wirksamkeit digitaler Medien - Stand der Wissenschaft

Hallo zusammen,

ich arbeite für ein Kreismedienzentrum als Fachinformatiker und möchte gerne lernen wozu ich mein Blut, Schweiß und Tränen vergieße :slight_smile:

Gibt es aktuelle und auf Deutschland bezogene Meta-Studie zur Wirksamkeit digitaler Medien und Werkzeuge in Schulen und Kitas? Wo und wie wirken besonders positiv digitale Medien auf Lernbereitschaft, emotionale Stabilität und Problemlösungskompetenz? Welche digitale Werkzeuge erleichtern besonders gut die Arbeit bzw. entlasten die Lehrkräfte?

Ich konnte folgendes finden, ist aber von 2018: https://www.friedrich-verlag.de/bildung-plus/digitale-schule/medieneinsatz-im-unterricht/pro-und-contra/wie-wirksam-sind-digitale-medien-im-unterricht. Soweit ich dort lese, bringen digitale Medien, aber nicht ganz so effizient wie andere Mittel. Kurz: besser Schulhunde, Schulkrankenpfleger:innen, Sozialarbeiter:innen und Lehrkraft-Fortbildungen als massenweise iPads :slight_smile: .

Meine Hoffnung ist, dass es Methoden, digitale Medien und Werkzeuge gibt, die doch einen starken positiven Beitrag leisten können, ohne gleich das Schulsystem zu ändern (unrealistisch) oder Milliarden (gibt es nicht) neu auszugeben.

Danke und Gruß
Angfer

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Hallo
Leider kann ich keinen Beitrag in Form einer Antwort liefern, aber ich möchte die Wichtigkeit einer diesbezüglichen Untersuchung auch für mich betonen. Danke.

Von Bardo Herzig gibt es noch eine Studie, die aber auch schon 7 Jahre alt ist:

Vielleicht helfen die folgenden Aufzeichnungen hier in dem Kontext auch weiter:

Digitalisierung: Es ist nicht alles Gold, was glänzt.
Prof. Dr. Klaus Zierer
Universität Augsburg

Pädagogik mit Technik. Über die Veränderungen des Lernens in der Kultur der Digitalität.
Axel Krommer
Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg

Ein zentrales Zitat für Prof. Dr. Klaus Zierer war darin:

„Careful attention should be paid, however, to the design of the flipped classroom as simply flipping before and during classroom activities might be not enough. The significant heterogeneity in the effect sizes of the studies means that it matters how flipped classrooms are implemented.“

Kurz gesagt, aus meiner Sicht ist es schwer zu sagen, diese Methode hat diesen Effekt: wichtig ist immer das wie der konkreten Umsetzung.

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Die jährlichen JIM-Studien müssten viele passende Antworten liefern: https://www.mpfs.de/studien/?tab=tab-18-1

Was die „Lernwirksamkeit“ angeht, hilft dir vielleicht die Meta-Studie von Hattie weiter:

Spannend in diesem Zusammenhang finde ich auch das „Modell individuelle Förderung digital (MiFd)“. Hier werden die Hattie-Werte bestimmten Handlungsfeldern zugeordnet, inkl. Zuordnung verschiedener Apps. (Das MiFd-Modell wird wohl leider seit 2019 nicht aktualisiert?)
Hier gibt’s - auch zu anderen zeitgemäßen Päadgogiik-Modellen - einen schnellen Überblick:

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Eine Studie habe ich nicht zur Hand. Dass aber die KMK schon 2016 die Bildung in der digitalen Welt auf die Agenda gesetzt hat, zeigt doch die Notwendigkeit.

Hier findest auch wissenschaftliche Belege.

Übrigens könnte man auch andersherum nach der Wirksamkeit von analogen Methoden fragen. Vermute, dass es da auch nicht so viel zu gibt.

Hallo Angfer,

die Hattie-Studie ist eine Metastudie von 2009, d.h. sie hat Studien aus den Jahren davor zusammen ausgewertet, stützt sich also auf schätzungsweise 13-20 Jahre alte Daten, Digitalisierung damals ist nicht das gleiche wie heute. Aktuelle Vorträge von Hattie sind übrigens sehr hörenswert und aktueller.

Ich finde außerdem, dass die Frage nach der Wirksamkeit leicht in die Irre führt. Es ist für mich grundsätzlich undenkbar, in einer Zeit, in der sich weltweit die Kutur der Digitalität etabliert, bei einer analogen Schule zu bleiben. Wirksamkeit ist damit gar nicht das Argument für Digitalisierung in der Bildung sondern die Anforderungen der Zeit.
Wirksamkeit von Unterricht und Medien ist natürlich trotzdem zu betrachten und zu verbessern. Allerdings muss man sich vorher auch auf eine Definition von „Wirksamkeit“ einigen. Eine Klassenarbeitsnote aus der analogen Zeit ist vermutlich nicht das richtige Maß für eine Schülerleistung in der Zukunft.

Ich finde es übrigens super, das sich ein Fachinformatiker, der sich sozusagen im „Maschinenraum der Digitalisierung“ auskennt, mit Pädagog*innen austauscht, das wird uns an den Schulen voranbringen.

Gruß Michael

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Hallo zusammen,

das sind wirklich spannende Fragen zu Studien die ihr da habt.
Und schonmal vorweg:
Die Arbeit die du bzw. ihr an den Medienzentren und in den Schulen leistet ist so so wichtig und wertvoll für die jetzige und zukünftige Generation! Vielen Dank für all den „Schweiß und Tränen“ die du dafür vergießt :slight_smile:

Und wieso, das erklär ich jetzt „kurz“:

Das Ziel der Schule ist es, Kinder und Jugendliche in der Entwicklung von Kompetenzen zu fördern. Dazu gehört mittlerweile unausweichlich die Medienkompetenz - also den sinnvollen Umgang mit Medien zu lernen.
Sie müssen lernen

  • wie die Geräte funktionieren
  • wie sie diese sinnvoll für Ihre Ziele und Zwecke einsetzen können
  • wie ein reflektierter und kritischer Umgang mit Medien aussieht

Als konkretes Beispiel möchte ich das Thema „richtig Recherchieren“ hernehmen: SuS müssen lernen, wie Suchmaschinen funktionieren, wie sie richtig Suchanfragen stellen und wie vertrauensvolle Informationen aussehen (=Informationskompetenz).

Zusätzlich geht es nicht darum, dass in der Schule alles durch Digitalität ersetzt wird (ein Plakat kann auch mit Papier und Schere erstellt werden und der Wissenserwerb ist sicherlich genauso groß, wenn nicht sogar größer, weil sie lernen wie eine Schere funktioniert :D). Mit Medien sind jedoch Dinge möglich, die davor einfach unmöglich waren, wie beispielsweise das kollaborative Arbeiten an einem Dokument, oder schon das Anschauen von Videos und und und. Es gibt so viele digitale Tools, die den Arbeitsalltag der Lehrkraft erleichtern und erweitern.

Zudem gibt es gewissen Faktoren, die den Wissenserwerb fördern, was bestimmt die meisten Lehrkräfte unterschreiben können, wie unter anderem

  • Motivation
  • Visualität

Wenn digitale Medien eingesetzt werden, steigt die Motivation der SuS an (kann ich aus eigener Erfahrung zumindest behaupten) und dadurch auch die Lernbereitschaft.
Zudem kann ich dank digitaler Medien komplexe Sachverhalte viel viel besser visualisieren und zeigen, was allen SuS dabei helfen kann, das Thema viel besser zu verstehen.

So das war jetzt ein langer Text und nur ein kurzer Ausflug in das große Feld der Medienpädagogik und ich könnte noch ewig so weiter machen :smiley:
Aber ich hoffe, das hat dir vielleicht ein paar weitere Argumente gegeben, wieso es so relevant ist, Medien in der Schule zu verwenden und es dein Schweiß und deine Tränen Wert ist :wink:

Liebe Grüße aus Stuttgart!
Leonie

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Danke an alle. Hat mir sehr geholfen es differenzierter zu sehen.

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Hallo zusammen,

in der aktuellen ZEIT gibt es einen Artikel „Was bremst den Bildungsabsturz?“ (URL: https://www.zeit.de/2022/28/bildung-grundschule-ibq-bildungstrend-paedagogik). Ich fand es interessant, dass bei den ganzen Vorschlägen nicht einmal digitale Medien/Geräte/Plattformen eine Rolle gespielt hat. Daher wäre es sehr interessant zu erfahren mit welchen Apps, Plattformen und digitalen Medien wissenschaftlich fundiert Erfolge erzielt wurden in den Kernfächern Deutsch und Mathe in Grundschulen.

Ideen? Wissenschaftlich fundierte Erkenntnis? Challenge accepted?

Viele Grüße
Angfer

Zwischenzeitlich habe ich zumindest für die Sprachbildung etwas gefunden: https://www.biss-sprachbildung.de/angebote-fuer-die-praxis/tool-dokumentation/tool-suche/. Interessant auch hier ist, dass die weit verbreiteten Tools Antolin und Book Creator weder theoretisch noch empirisch fundiert sind.

Für den Mathematikbereich würde mir eine ähnliche Toolbewertung interessieren.

In Mathe gibt es einige schöne Tools. Geogebra, Mathwhitebaord, dudamath und mathigon sind für mich da an erster Stelle zu nennen. Sie ermöglichen es mE, dass sich die Lernenden wirklich mit der Materie auseinandersetzen können. Was macht das „a“ von y=ax² wie funktioniert das mit negativen Zahlen, was verändert sich am Flächeninhalt, wenn ich den Punkt verschiebe usw.

Die Tools werden per se keine Verbesserung bringen. Es wird auf die Didaktik und entsprechenden Einsatz ankommen. Ich glaube, dass hier viel Potential liegt, um hinter die Kulissen zu sehen.

Bei Sprachen sehe ich vor allem die KI als große Möglichkeit. Wenn ich sehe, was der Reading-Prozess in Teams kann, bin ich begeistert. Hier kann ich als Lehrender ganz anders tätig werden. Die Lernenden bekommen im geschützten Rahmen eine Rückmeldung. Individuell und differenziert.

War das jetzt ne Antwort auf deine Frage? Irgendwie zwischendrin den Faden verloren.

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Ja, danke. Hilft mir auf jeden Fall. Zu Teams Reading Process: ist technisch interessant, ich vermute allerdings, dass hier die Datenschutzkeule gezogen wird. Gibt es Erfahrungswerte, ob und wie Team Reading Process in BW zugelassen ist?

Nein, die gibt es natürlich nicht. Kann das nur vom Austausch mit den Kolleginnen aus englischsprachigen Ländern berichten.